Antonia Sandmann
Meine Geschichten sind so unterschiedlich wie meine Socken.
Sie sind bunt, aus verschiedenen Materialien, mal farblich passend mal einzeln. Es gibt alte und neue, einfarbige und welche mit wilden Mustern oder Sprüchen. Ich habe viele einzelne Socken, die gar kein Gegenstück haben und vielleicht mag ich sie deshalb so gern, weil sie gerade dadurch zu vielen anderen Socken passen.
Als Mensch bin ich zu einhundert Prozent wie meine Sockenschublade. Chaotisch, neugierig auf andere Socken, wild, manchmal auch grummelig, aber eigentlich auch recht kompatibel mit anderen Socken … ähm Menschen. Und witzigerweise habe ich mehr Einfluss auf meine Socken als auf meine Geschichten.
Ich kann keine Bücher plotten oder planen. Ich habs versucht. Ehrlich.
Die Charaktere meiner Bücher schleichen sich zum Beispiel leise an, setzen sich zu mir und fangen ganz unverfänglich eine Unterhaltung an und erzählen mir dann nach und nach ihre Geschichte. Andere überfallen mich, in dem sie in einem Moment, in dem ich gar nicht ans Schreiben denke, plötzlich aus der Sockenschublade springen. Oder aus dem Gemüseregal im Supermarkt, während ich nichts ahnend überlege, welche Salatsorte ich kaufen soll. BÄM … Überraschung! Und wenn ich dann versuche, mich weiter an meinem Einkaufszettel entlangzuhangeln, hüpft ein aufgeregter, neuer Charakter um mich herum und hört nicht mehr auf zu quasseln.
Manchmal sehe ich jemanden (z. B. einen Trainer im Kletterpark) und sofort ploppt eine Idee für eine Geschichte hoch und ich sehe schon einzelne Szenen bildlich vor mir. Und natürlich passiert das immer dann, wenn ich gar keine Zeit habe, um ein neues Buch anzufangen. Aber die Geschichten müssen raus, sonst explodiert mein Kopf. Ich muss zumindest das, was aufploppt, niederschreiben bzw. den oder die Charaktere skizzieren. So kommt es, dass ich immer angefangene Geschichten bzw. Band 2 einer (eigentlich gar nicht geplanten) Reihe in der Schublade liegen habe. Und dort warten die Socken dann mehr oder weniger geduldig, bis ich sie wieder anziehe und weiterschreibe.
Wenn ich dann mit dem Schreiben beginne, muss ich nicht groß nachdenken. Es fließt einfach aus mir heraus. Manchmal schlage ich meinen Protagonisten eine Richtung vor, die sie entweder annehmen oder blockieren. Wenn sie sich querstellen, bin ich gezwungen einen anderen Weg zu suchen, die Szene zu verändern, Nebencharaktere ins Spiel zu bringen oder ich baue meinen Charakteren – wenn sie mich ärgern und ich sauer bin – auch mal ein fettes Hindernis in den Weg.
Dieses Querstellen der Charaktere kann dazu führen, dass ich mal ein paar Tage lang nicht weiß, wie es weitergehen soll, weil sich Gedankengänge immer wieder falsch anfühlen und der Prota sich weiterhin weigert, mitzuspielen. Manch einer würde von einer Schreibblockade sprechen und in gewisser Weise ist das auch so, aber ich empfinde es nicht wirklich als Blockade, sondern eher als eine Art Irrgarten oder unübersichtliche Straßenkreuzung. Ich muss nur den richtigen Weg finden. Den roten Faden suchen und wieder aufnehmen. Oft träume ich nachts davon, wie es in einer Geschichte weitergehen könnte und ich habe immer Stift und Papier auf dem Nachttisch liegen, um Einfälle direkt nach dem Aufwachen zu notieren, aus Angst, dass ich die Ideen bzw. Träume am nächsten Morgen wieder vergessen habe.
Als ich den Versuch unternommen hatte, ein Buch zu plotten, war ich anfangs völlig gehyped. Ich hatte ein Exposé, tolle Handlungsstränge und wusste wie und wann ich sie miteinander verweben kann und ich habe mich total enthusiastisch ans Schreiben gesetzt. Bis sich der Charakter auf Seite Zweiunddreißig plötzlich quergestellt hat. Es lief nicht mehr. Ich habe den Charakter vor meinem geistigen Auge gesehen, wie er bockig in einer Ecke saß und schmollte und mich beschimpfte. Ich habe es nicht geschafft, den Plot so zu schreiben, wie er war. Ich habe tagelange vor dem Manuskript gesessen und nachgedacht. Irgendwann kam der Charakter aus seiner Ecke und ist einfach losmarschiert. Ich war perplex, in welche Richtung er gegangen ist, aber auf einmal lief es wieder. Es ging zwar holprig weiter, weil er mir so ziemlich jeden Plot zerschlagen hat und die Geschichte am Ende nichts mehr mit dem Exposé zu tun hatte. Es war überhaupt nicht mehr so, wie ich mir das überlegt und geplant hatte, sondern komplett anders, aber am Ende war alles rund. Und nachdem es mir bei einer weiteren Geschichte ähnlich ging, habe ich aufgehört zu plotten. Das ist für mich verschwendete Lebenszeit. Es funktioniert bei mir einfach nicht. Das einzige, was halbwegs funktioniert, ist eine sehr grobe Skizze.
Und auch wenn mir die Charaktere in gewisser Weise ihre Geschichten erzählen und mir Wege vorgeben, so fließt doch in jede einzelne Geschichte auch sehr viel von mir ein. Manchmal verteilen sich die unterschiedlichen Facetten auf verschiedene Protagonisten und manchmal bekommt ein einzelner Charakter „die volle Ladung Antonia“ ab. Das war zum Beispiel in „Schmetterlingstanz“ der Fall. Die arme Berenika musste viele Stationen meines Lebens durchlaufen und meine Gefühle durchleben. Ihre Geschichte ist mit meiner Geschichte ganz fest verwoben. Wir beide fließen ineinander. Zu mindest für ein Teilstück meines Lebens. Wirklich aufgefallen ist mir das aber erst, als das Buch fertig war und ich das Manuskript mit dem Abstand einiger Wochen erneut durchgelesen habe.
„Schmetterlingstanz“ war übrigens mein Debüt. Es handelt von einer Frau und einem Mann, die von der Sexualität her in „cis hetero“ einzuordnen sind. Sie verlieben sich recht schnell, doch die Frau weigert sich, ihre Gefühle zuzulassen, aus Angst, verletzt zu werden, da ihre gemeinsame Zeit begrenzt scheint.
Das zweite Buch „Somehow else“ fällt ins Genre Queer Romance. Es geht um zwei Männer, die herausfinden, dass sie „bi“ sind, sich in dieselbe Frau verlieben und gemeinsam mit ihr eine polyamouröse Beziehung eingehen. Auch in dieser Geschichte steckt sehr viel “Antonia” drin. Wenn ich es zeitlich einordne, so liegen meine dort eingeflochtenen Erlebnisse deutlich vor “Schmetterlingstanz”.
Mein drittes Buch „Crossing my subspace” (BDSM Gayromance), dreht sich um vier Männer. Hier geht es in den „eindeutigen“ Szenen auch deutlich intensiver bzw. heftiger zu, als in den anderen beiden Büchern. Und auch wenn es hier ausschließlich um Männer geht, so trägt doch jeder einzelne der Charaktere ein Stück Antonia in sich oder hat etwas mir mir gemeinsam.
Zusätzlich zu meinen Büchern, findet ihr weitere Geschichten (Gayfantasy) von mir auf Wattpad.
mit freundlicher Genehmigung.
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